Wohnen

Eigenmietwert berechnen: Die Praxis der Kantone

Die Abschaffung des Eigenmietwertes wird seit Jahren gefordert – lässt aber auf sich warten. Der Ständerat befürwortet einen Systemwechsel. Doch politisch ist noch nichts entschieden. Unterdessen steigen die kantonal festgelegten Eigenmietwerte tendenziell an. Eine Auslegeordnung der kantonal unterschiedlichen Methoden.

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Eigenmietwert berechnen: Zürcher Fallbeispiel

Nehmen wir als Beispiel ein Ehepaar aus dem Kanton Zürich: Das Paar erzielt ein Bruttoeinkommen von 140’000 Franken. Vor 10 Jahren kaufte es eine Eigentumswohnung mit Parkplatz für 800’000 Franken. 

  • Die Steuerbehörde ermittelt nun zunächst den Vermögenssteuerwert der Wohnung. Dieser wiederum setzt sich aus dem Landwert in der betreffenden Gemeinde und dem Zeitbauwert des Gebäudes zusammen. Etwas vereinfacht gesagt: Der Zeitbauwert entspricht den Neubaukosten abzüglich der Altersentwertung der Liegenschaft.
  • Dabei geht der Kanton im Normalfall streng nach den gegebenen Formeln und kantonalen Weisungen vor. In unserem Fallbeispiel ergibt sich ein Vermögenssteuerwert von 575’000 Franken. Im Kanton Zürich beträgt der Eigenmietwert einer Wohnung 4,25 Prozent des Vermögenssteuerwerts, also 24‘438 Franken. Die Behörde geht damit davon aus, dass die Wohnung zu diesem Preis an Dritte vermietet werden könnte.
  • Um diesen Betrag erhöht sich in unserem Fallbeispiel das steuerbare Einkommen. Der aufgerechnete Eigenmietwert verringert sich etwas, wenn die Eigentümer*innen im Gegenzug Hypothekarzinsen, die externe Verwaltung und Gebäudeunterhalt abziehen können. Doch weil die Zinsen tief sind und in diesem Fall kaum Gebäudekosten oder Renovationen anfallen, machen die Abzüge den Eigenmietwert bei weitem nicht wett.

Kann der Eigenmietwert überprüft und reduziert werden?

  • Die diversen kantonalen Bewertungsgrundsätze und Datengrundlagen sind für private Eigentümer*innen nicht ohne weiteres zugänglich. Formelwerte sind noch relativ einfach und transparent. Statistische Vergleichsdaten sind aber für die Hauseigentümer*innen meist kaum überprüfbar. Oft steckt eine ebenso komplexe wie ausgefeilte Methode dahinter, die sich über Jahre weiterentwickelt hat. Es gilt aber der Grundsatz: Der Eigenmietwert hat sich an einem realistisch erzielbaren Mietertrag für ein bestimmtes Objekt zu orientieren.
  • Wenn Eigentümer*innen tatsächlich an einer Adresse mit vergleichbaren Immobilien wohnen, könnte sich ein Vergleich lohnen. Es gäbe einen triftigen Grund, den Eigenmietwert anzufechten, wenn die objektiv belegten Vergleichsmieten deutlich tiefer lägen. In der Praxis ist es aber oft eine hohe Hürde, Vergleichsobjekte zu finden. Typengleiche Häuser und Wohnungen sind in der Praxis selten. Entweder sind die Mieten gar nicht transparent, oder die Objekte und die Art und Weise der Nutzung sind aus irgendeinem Grund nicht vergleichbar. Ein Fazit zu diesem Punkt: Einsprachen gegenüber den kantonal festgelegten Eigenmietwerten haben oft einen schweren Stand.
  • Die gesetzlichen Bestimmungen sehen in jedem Fall vor, dass die ortsüblichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind. Abgesehen davon lässt sich mit der tatsächlichen Nutzung durch die steuerpflichtige Person argumentieren: Rund die Hälfte der Kantone erlaubt eine Ermässigung im Fall einer Unternutzung der Liegenschaft. Die Beweislast liegt beim Steuerpflichtigen. Die Anforderungen der Kantone sind aber hoch: Es genügt nicht, wenn die Kinder ausgezogen sind und ein Teil des Hauses in dem Sinne «unterbelegt» ist. Die Zimmer müssen de facto leergeräumt sein (d.h. nicht möbliert). Falls der nicht genutzte Gebäudeteil temporär als Büro oder Abstellkammer gebraucht werden kann, wird es wohl kaum eine Ermässigung geben
  • Fazit: Im Zug steigender Verkehrswerte ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Eigenmietwerte der Kantone in den nächsten Jahren weiter steigen. Es lohnt sich aber in jedem Fall, die Bewertungsmethoden und die Abzugsmöglichkeiten nach dem kantonalen Steuergesetz gut zu kennen.